Blog |
15 | März |
01.3.15 |
|
02.3.15 | Beim Aufwachen hat's schon geregnet. Um 8 Uhr schien dann die Sonne und überall wurde der Himmel blau. Aber das Radfahren dann war heute wie Krieg. Der stärkste Wind, den ich bis jetzt auf dem Fahrrad erlebt habe. Böen mit 53km/h. Warum um alles in der Welt mache ich das? Ich denke, es ist gut für meine Gesundheit und für ein langes Leben. Trotz Rauchen und trotz Weintrinken. Die Wäsche hängt jetzt an einem neuen Wäscheseil, damit die Sonne rankommt. |
03.3.15 | Ein eiskalter Wind weht heute. Ich beiße mich trotzdem durch. Zum ersten Mal höre ich den Gesang von Vögeln auf dem Feld neben dem Radweg. Nach einem Telefonat mit meinem Bruder, der ein Vogelkenner ist, erfahre ich, dass es Grünfinken sind. Birke am Radweg im Wind. Mein spartanisches Mittagessen: Spaghetti mit Butter und Käse. Im Garten blühen jetzt auch die gelben Krokusse. Am Nachmittag lese ich in Norbert Grobs Fritz Lang-Buch und danach mache ich endlich wieder weiter mit meinen Autobiographie-Notizen, denn ich schlafe schlecht, wenn ich das mehrere Tage hintereinander versäume. Das Jahr 1970 ist bei mir ziemlich dramatisch, denn ich lerne eine Blondine kennen. Sie heißt Karin Ehret-Brandner. Sie holt mich raus aus der bunten "ROTE SONNE"-Wohnung (deren Farben ich vor ein paar Jahren auf meinem Bauernhof wiederholt habe! - was mir erst jetzt klar wird), und ich ziehe in ihre Wohnung. Mein schönes Kommune-Leben mit Marquard Bohm und seinen vielen Freundinnen ist vorbei. Günter Rohrbach vom WDR will mit mir unbedingt nach einem Drehbuch von Max Zihlmann einen Film machen. Da Max etwas länger braucht, um ein neues Drehbuch zu schreiben, schlage ich ihm "SUPERGIRL" vor. Das sei von Max Zihlmann und es sei schon fertig. Rohrbach hat ja gesagt, und ich hab's gedreht. Da ich inzwischen in der Wohnung von Karin Ehret-Brandner wohnte und sie auch schon schwanger war, wollte sie unbedingt mich noch vor Drehbeginn heiraten. Das habe ich, ein bisschen gegen meinen Willen, auch getan. Danach war sie endlich den Doppelnamen los und hieß Karin Thome. Auch heute noch. Um 17 Uhr die Rede von Netanyahu vor dem amerikanischen Kongress online 50 Minuten lang gehört… …und ab und zu die kommentierenden Tweets der Journalisten in Kairo dazu angeschaut. Sie zählen die Standing Ovations, die er während seiner Rede bekommt. Manches habe ich auf meinem Twitter-Account (LINK) retweetet, weil das schneller geht. Aber ein letztes setze ich jetzt als Bildschirmfoto in mein Blog. Ich liebe die Ägypter. |
04.3.15 | Ich reibe mir die Augen und kann nicht glauben, was ich sehe, als es draußen langsam hell wird. Ich zwinge mich, positiv zu denken. Immerhin ist morgen Vollmond. Tapfer wie ein Soldat beginne ich mit meinen Notizen für das Jahr 1971, merke aber, dass ich viele Erinnerungen mit dem Jahr 1972 durcheinanderbringe. Meine Filme laufen überall in Deutschland, und ich mache ja auch den Verleih, muss also 35mm-Kopien verschicken, Reklamematerial und später auch Rechnungen. Wie ich das hingekriegt habe, ist mir heute ein Rätsel. Es gibt eine Retrospektive in Kiel, eine in Dortmund und dann eine in München im Cinemonde und noch etwas später eine in Edinburgh. Jede Menge Reisen: nach Cannes, nach Locarno, ins Berner Oberland. Dort kaufen Karin und ich zwei süße Berner Sennenhund-Babies. Sie heißen Amor und Amanda. Immerhin habe ich präzise Erinnerungen in welchen Wohnungen und den beiden Bauernhöfen die beiden Hunde dabei waren. An die kann ich mich werkwürdigerweise besser erinnern als an meinen Sohn Max, der nach seiner Geburt am 2. April 1971 auch immer dabei war. Karin, meine Ehefrau in dieser Zeit, war meistens unterwegs. Wahrscheinlich war er von Geburt an ein einfach zu handhabendes Kind und mit mir, ohne seine Mutter, total zufrieden. Amor und Amanda haben ihn schließlich auch geliebt. Sie waren vermutlich für ihn große, lebendige Teddybären. |
05.3.15 |
|
06.3.15 |
|
07.3.15 | Hoch "Karin" bringt den Frühling (LINK), schreibt die FAZ. Beim Fahrradfahren (heute 17 km) stechen mir diese Blümchen ins Auge. Davor ist mir ein dunkelbraunes Reh über den Weg gelaufen. Ich koche Auflauf für Serpil und Tobias. Sie hat sich das gewünscht. Serpil mit Tochter im roten Zimmer. Serpil zeigt ihrer Tochter die Schneeglöckchen, die sie vor einem Jahr mit mir eingepflanzt hat. Mein Auflauf ist zu Dreivierteln aufgegessen. Es hat ihr und Tobias also geschmeckt. Darüber bin ich froh. |
08.3.15 | Mein Arbeitsplatz am Computer ist auch eine Wetterstation. Ich hatte für heute blauen Himmel erwartet und keinen Wind. An den Wellen des Dorfteichs sehe ich, dass noch immer ein starker Wind weht. |
09.3.15 | Serpil Turhan macht ihr letztes Interview für ihren Film mit mir. Für sie und für mich schließt sich damit ein Kreis. Serpil beim Sonnenuntergangfilmen. |
10.3.15 | Das Wetter ist heute noch schöner als am Sonntag. Deshalb fahre ich zum Körbaer See und sehe, dass das Häuschen, an dem meine ägyptische Freundin und ich immer Picknick mit Kaffee und Keksen gemacht haben, abgerissen worden ist. Alle Krokusse, die ich um die Sternmagnolie gepflanzt habe, blühen jetzt. Einer der Krokusse. 2 Primelsorten. Serpil und ihre Tochter Evin. Kaum sind sie nach Berlin zurückgefahren, fängt es hier an zu regnen. Evin habe ich richtig lieb gewonnen. |
11.3.15 | Bei einem Blitzbesuch in Berlin, um den Briefkasten zu leeren, muss ich leider feststellen, dass meine Wohnung eine Art Sauna geworden ist: 27 Grad hat es da. Offensichtlich ist die zentrale Thermostatsteuerung ausgefallen. Schön für die Nachbarn über mir. Die hatten vermutlich eine Art Fußbodenheizung. Warum gehen immer wieder Dinge kaputt? Ich schalte die Heizung einstweilen ab, bis ein Installateur das Problem gelöst hat. |
12.3.15 | Der Himmel ist grau, grau, grau. Immerhin weht kein Wind. Das letzte Wochenende mit meinen Gästen, inklusive Cinemascope-Sonnenuntergang (LINK), war ein singuläres Ereignis. Sowas habe ich hier noch nie gesehen. Die Schafe von gestern machen einen Mittagsschlaf. Bei mir im Dorf hat der Osterhase schon ein paar Ostereier in die Birke gehängt. Ich liebe mein Dorf. Nach dem Mittagessen bekomme ich ein schweres, dickes Paket von alleskino.de mit den Materialien von sieben (!) Filmen als DCP, HD-CAM SR, Digi-Beta und ProRes. Jetzt brauche ich Kinos und Fernsehsender, die damit etwas anfangen wollen. Es muss ja nicht unbedingt immer die ARD sein, obwohl ich die am liebsten habe. Ganz nebenbei: gestern Abend habe ich mir die DVD von Sebastian Schippers "Victoria" angeschaut, weil dem Kritiker auf Spiegel-Online während der Berlinale vor Begeisterung fast die Luft weggeblieben ist. Ein ganzer Film in einer Einstellung. Das ist selbstverständlich eine kühne Idee. Aber durch dieses Verfahren wird es beim Sehen halt immer wieder sehr lang. Ich hätte mir Abkürzungsschnitte gewünscht. Denn die Geschichte, die erzählt wird, ist eigentlich toll. Zwar sehr erfunden und nicht immer glaubwürdig. Ich denke, wenn man sie in einem Remake nochmal erzählen würde, könnte daraus ein Kinokassenhit werden. Danach kam in der ARD "Am Ende des Sommers", der auch nicht ganz schlecht war, der aber die Wirkung von "Victoria" bei mir verstärkt hat. Der erste war "Kino", der zweite war "Fernsehen". |
13.3.15 | Mistverteilung auf den Feldern. Bauer zu sein, ist kein leichter Beruf. Ich unternehme heute nichts außer Radfahren, denn es ist schon wieder ein Freitag, der Dreizehnte. Die Sträucher am Radweg schlagen aus. Gestern habe ich das nicht bemerkt. Zur Autobiographie: Für Max Zihlmann habe ich eine DVD von "FREMDE STADT" gebrannt. Er hat sich den Film zum ersten Mal seit seiner Premiere wieder angeschaut und schreibt mir: "gestern Abend habe ich mir mit Eva "Fremde Stadt" angeschaut, und wir waren beide angenehm überrascht. So gut und originell hatte ich den Film gar nicht in Erinnerung. Ich musste immer wieder lachen über meine eigenen Dialoge und hatte manchmal Mühe, den Verwirrungen des Drehbuchs zu folgen." Er fragt mich, ob der Film wenigstens ein bisschen erfolgreich im Kino war. Ich schrieb zurück, dass es nicht so war. Ich wollte den Film im Mai 1972 im Münchner Peterhof-Kino am Marienplatz zur Uraufführung bringen. Ich hatte mir ausgedacht, dass dort am Zentrum aller U-Bahn-Linien der beste Platz für täglich mindestens 1.000 Zuschauer sei. Meine damalige Frau Karin, die eine leidenschaftliche Astrologin war, hat auf mich eingeredet, dass dieser Termin total ungünstig sei, denn da gäbe es einen "rückläufigen Merkur". Ich solle den Starttermin um eine Woche verschieben. Ich hab's dann schließlich getan. Was ich dem Kinobesitzer gesagt habe, weiß ich nicht mehr. Er hat stattdessen einen alten O.W. Fischer-Film (vielleicht "Es muss nicht immer Kaviar sein") eingesetzt und denn musste er dann wegen des Erfolgs sechs Wochen lang immer wieder prolongieren. Danach war in München Sommer und auch eine wohlwollende Kritik in der "Süddeutschen Zeitung" mit dem Titel "Wie eine Würstchenbude in der Wüste" konnte am Zuschauerergebnis nichts mehr ändern. Ich hatte durch diese Katastrophe auf einen Schlag um die fünfzig, sechzig, siebzigtausend Mark höhere Schulden und habe die erste Gelegenheit benutzt, um aus meiner Ehe zu fliehen. Eine Frau sagte mir bei einer Party: Ich suche einen Mann. Ich sagte, ich brauche einen Platz zum Schlafen. Den Schlafplatz und noch viel mehr bekam ich. Abgewandelt kommt dieser Dialog in meinem Film "DAS GEHEIMNIS" vor. |
14.3.15 | Seit einer Woche gehen mir die gelben Blümchen nicht aus dem Kopf. Heute bei Nieselregen habe ich es geschafft, ein paar davon auszugraben und unter meinen Walnussbaum einzupflanzen. Zwei Schneeglöckchenbüschel habe ich auch gleich mitgenommen. Inzwischen weiß ich auch, dass die durch Ameisen verbreitet werden. Die gelben Blumen ein paar Stunden später. Die Transplantation ist gelungen. Auf Spiegel-Online habe ich heute morgen gelesen, dass sogar eine Penis-Transplantation gelungen ist. Mit voller Funktionsfähigkeit. Unendliche Holunderpower. Unwillkürlich muss ich dabei an mich denken. Ob ich auch noch soviel Saft und Kraft habe wie dieser Baum. Heute bin ich 75 Jahre und 4 Monate alt geworden. Ich könnte ab jetzt jeden weiteren Monat feiern. Zu den Autobiographie-Notizen: So langsam kriege ich auch das Jahr 1972 in den Griff. Ich bin mit der Frau, die mir auf der Party gesagt hat, dass sie einen Mann sucht, etwas später nach Italien gefahren. Aber zuerst nach Rom. Dort hat uns Jean-Marie Straub seinen neuesten Film "Geschichtsunterricht" im Mischstudio gezeigt und bei einem unglaublich guten Essen in einem nur Einheimischen bekannten Lokal von den drei Flüssen, die in Kalabrien ins Mittelmeer fließen, erzählt. Ich wollte daraufhin unbedingt dahin. Meiner neuen Freundin war das zuviel. Sie ist nach München zurückgeflogen, und ich bin alleine dahin gefahren. Ich habe im Auto am Strand geschlafen und habe irgendwann, verborgen im Gebüsch, eine Höhle entdeckt. Dort habe ich dann in der Augusthitze gesessen. Versorgt mit Wein, Weißbrot und Käse, und habe Musils "Mann ohne Eigenschaften" gelesen. Mehr brauchte ich nicht, um glücklich zu sein. In meinem letzten Film "INS BLAUE" erzählt Alice Dwyer diese Geschichte. Ich war bestimmt 14 Tage da am Strand. Einmal ist ein junges Mädchen in eine Glasscherbe getreten, und ich habe sie zum Ufer zu ihren Eltern gebracht. Naja, auch das kommt abgewandelt in "INS BLAUE" vor. Da spielt Vadim Glowna mich.Was er sowieso den ganzen Film über tut. Ich merke, meine Filme sind auch eine Art Autobiographie. |
|
15.3.15 | Dicke, graue Wolken über mir und ein eiskalter Ostwind heute. Spaß macht das Radfahren so nicht. Aber ich bin fest entschlossen, in diesem Monat einen Kilometerrekord aufzustellen. Zu den Autobiographie-Notizen: Ich bin in den Jahren 1972/73 dreimal umgezogen und habe mich immer wieder polizeilich umgemeldet. In Erinnerung an das, was mir ein Offizier bei der Musterung geraten hat, damit ich nicht zum Militärdienst eingezogen werde: immer ganz schnell umziehen. Die Militärbürokratie braucht lange, um Ihre neue Adresse herauszufinden. Ich dachte, das gilt auch für Gerichtsvollzieher. Das hat ganz gut funktioniert. Irgendwie nach meiner Kalabrienreise hat mich Karin jedenfalls wieder aufgefischt und hat mir einen zweiten Neuanfang unserer Ehe mit einem Bauernhof in der Nähe von Unterammergau vorgeschlagen. Meine Aquarien hatte sie während meiner Abwesenheit alle verkauft. Viel füher hatten wir zusammen bei einem Besuch im Berner Oberland zwei Berner Sennenhund-Babies gekauft: Amor und Amanda. Die wuchsen unglaublich schnell. Für die Hunde war das Landleben schön. Ich war meistens da allein. Es war Winter, und ich habe mir im Garten des Hauses, der steil abfiel, eine Sprungschanze gebaut und bin da 16 Meter weit, so wie in meiner Kindheit in Wallau, gesprungen. Wie ich meinen Sohn Max da ernährt habe, weiß ich nicht mehr. Die Hunde jedenfalls bekamen Kutteln von der Dorfmetzgerei. Wir hatten über Weihnachten Gäste, Freunde von Karin, die zum Skifahren dahin kamen. Ein Gast aus Kiel hat uns vorgeschlagen, mit seinem Filmclub in Kiel eine Thome-Retrospekive zu machen. Das hat Anfang Februar 73 perfekt geklappt. Die haben ein Plakat gedruckt und Flugblätter, und das Kino war voll. Ich bekam allein dadurch etwas über zweitausend Mark. Im April hatte Karin eine Freundin aus Barcelona bei uns zu Besuch. Für ihre Rückreise mit einem Bus aus München musste ich sie ganz früh dahin fahren. Auf der Autobahn lag noch immer Schnee, aber ich musste schnell fahren, damit sie ihren Bus erreicht. Irgendwann hat sich mein Wagen auf der Autobahn gedreht. Es ist aber gut gegangen, weil um diese Zeit kein Verkehr war. Ich bin danach wieder zurückgefahren. Hatte einen Hauch von Freiheit (Barcelona) gefühlt, habe meine Rasier- und Zahnputzsachen und meine Scheibmaschine eingepackt und bin, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, nochmal nach Berlin gefahren. Siegfried Schober, der Filmredakteur der "Süddeutschen Zeitung" hat mir eine Schlafgelegenheit bei seiner Schwester verschafft, und ich habe ab da wieder Kritiken für die "Süddeutsche Zeitung" geschrieben. Meine erste Kritik war über "The Last Picture Show" von Bogdanovich. Die Überschrift war ein Zitat aus dem Film "Ist verheiratet sein immer so scheußlich?" Ich habe allen Leuten, eingeschärft, Karin nicht zu verraten, wo ich bin. Das hat einen ganzen Monat lang funktioniert. |
16.3.15 |
|
17.3.15 |
|
18.3.15 |
|
19.3.15 | Das war gestern Abend. Das Licht der untergehenden Sonne fällt in meine Scheune. Ich schaue in die DVD von "PARADISO - SIEBEN TAGE MIT SIEBEN FRAUEN". Irgendwie hat der Kameramann Reinhold Vorschneider es geschafft, obwohl es am 11. August 1999 in ganz Deutschland keine Teleobjektive mit sehr langer Brennweite gab, die Sonnenfinsternis zu filmen. Und das Wetter hat mitgemacht. Eine Viertelstunde lang war die Sonne wolkenfrei. Ein Standfoto aus dem Film. Morgen will ich die Verdunkelung meiner Welt filmen Auf Autobiographie-Notizen verzichte ich heute mal. In meiner Erinnerung sind zu viele Löcher aufgetaucht. Früher habe ich immer alle 14 Tage, den TIP und Zitty gekauft, um herauszufinden, ob ein Film von mir im Fernsehen läuft. Seit 3 oder 4 Jahren suche ich das auf prisma.de (LINK) und sehe da, dass "BERLIN CHAMISSOPLATZ" am 26. April um 4 Uhr morgens auf 3SAT ausgestrahlt wird. Das gefällt mir sehr und erfüllt mich mit der Zuversicht, auch die nächsten zehn Jahre von den Einkünften aus den Verwertungsgesellschaften VG Bild-Kunst und VG Wort leben zu können, ohne meine Kinder bitten zu müssen, mich finanziell zu unterstützen. |
20.3.15 | Live auf Spiegel-Online. Ich warte draußen im Garten darauf, dass es deutlich dunkler wird. Es wird nicht dunkler.
|
21.3.15 |
|
22.3.15 |
|
23.3.15 | Gestern Abend. Heute Morgen. Zu den Autobiographie-Notizen: Eine Email von Max Zihlmann hat mich beim Ablauf der Jahre 1972 und 1973 völlig durcheinandergebracht. Vor allem meine diversen Ehe-Ausbrüche und Gründe für die jeweilige Rückkehr sind bei mir ein großes Durcheinander. Max hat ein Gedächtnis wie eine Computerfestplatte und bisher in allen strittigen Fragen Recht behalten. Als "TAGEBUCH" im Juni 1975 fertig war wurde er am 3. Juli im Forum der Berlinale gezeigt. Manfred Salzgeber, ein Auswahlmitglied im Forum, hat er sogar so sehr gefallen, dass er ihn unmittelbar im Anschluss an die Berlinale sechs (!) Wochen lang im Bali-Kino, das ihm gehörte, gezeigt hat. Cynthia Beatt, meiner Lebenspartnerin und Hauptdarstellerin, hat "TAGEBUCH" überhaupt nicht gefallen. Außerdem hat Salzgeber im Bali eine Thome-Nacht gemacht, wo Cynthia Gelegenheit hatte, alle meine Filme zu sehen. "SUPERGIRL" fand sie schrecklich. Ich habe danach sofort angefangen, einen Südseefilm vorzubereiten. Ich hatte Cynthia das versprochen, denn sie hatte mir immer wieder von Fiji, wo sie aufgewachsen ist, erzählt und vom Sammeln der Fiji-Briefmarken zum Drehen eines Films dort schien damals für mich ein kurzer Weg zu sein. Es war ein sehr langer Weg. Im November lief "MADE IN GERMANY UND USA" auf dem ersten Calcutta Filmfestival und ich war dazu eingeladen und bin auch hingefahren. Indien mit all den Frauen in ihren bunten Saris war für mich wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Ich habe mich ruckzuck in das Land verliebt, meinen Aufenthalt um drei Wochen verlängert und habe meinen Film nach Kalkutta inden Goetheinstituten in Madras, Haiderabad, Poona und Bombay gezeigt. Den geplanten Südseefilm hatte ich da vergessen. Ich hatte mir vom Kopierwerk in Kalkutta schon die Preisliste geben lassen und in der englischsprachigen Zeitung die Wohnungsanzeigen studiert. Die Leute in der indischen Filmschule in Poona liebten meinen Film und sagten, dass ich von ihnen die technischen Geräte bekommen könnte. Daheim in der Fabriketage in Berlin verblasste dann Indien sehr schnell wieder, und der Südseefilm war wieder da. Weihnachten war ich mit Cynthia in London und ihr jüngerer Bruder Brian, der zwei Jahre auf Epi, einer Insel der Neuen Hebriden (heute Vanuatu) als Manager einer Plantage gearbeitet hat, sagte mir, dass dort noch die ursprüngliche Südsee zu finden sei. Also habe ich mir eine Karte der Neuen Hebriden gekauft und mich auf Grund der Karte für Ureparapara entschieden. Hier eine Karte der Inseln im Norden der Neuen Hebriden. Zur großen Insel im Süden sind wir immer mit einem kleinen Boot gefahren, um unser Filmnegativ nach Australien zu schicken und die Muster in Empfang zu nehmen. Ich lebe mit den Autobiographie-Notizen wie in einem Spinnennetz. Ich hoffe, ich bin stark genug, um mich irgendwann wieder daraus zu befreien. |
24.3.15 | Bei mir im Dorf wird es immer österlicher. Ich treffe Vorbereitungen für meine Ostergäste. Zu den Autobiographie-Notizen: Ich rase nach dem Radfahren durch meine Terminkalender von 1976, 1977 und 1978 und mir wird dabei ganz schwindelig. An manches erinnere ich mich haargenau, aber viele Ereignisse sind in meiner Erinnerung zusammengeschmolzen. Für diese 3 Jahre Jahre brauche ich vermutlich gut 2 Wochen, denn da habe ich versucht, das Geld für "BESCHREIBUNG EINER INSEL" zu bekommen, habe mich als ich es hatte, von Cynthia Beatt getrennt und dann, trotz Trennung mit ihr ein Filmteam zusammengestellt, bin mit ihr vor dem Drehen nach Ureparapara gereist, um dort alles vorab zu klären. Allein diese erste Reise hat mehrere Wochen gedauert und war voller Hindernisse. Das Drehen selbst war in meiner Erinnerung nicht mehr ganz so kompliziert, aber in der Wirklichkeit meiner Terminkalendereintragungen eher ein Albtraum. Am 10. Mai 1977 erfahre ich, dass ich für mein Projektbuch zum Film 250.000 DM vom BMI bekommen habe. Im Jahr davor wurde es abgelehnt. Die Zeitschrift "Filmkritik" hat es damals komplett abgedruckt. Für die Titelseite der "Filmkritik" habe ich tausend Mark bezahlt. Ich habe das Heft nicht mehr, habe es aber in den abgehefteten Unterlagen meines Steuerbüros wiedergefunden. Am 20. Mai 1977 habe ich dann die Produktionsfirma "Moana-Film GmbH" gegründet, die bis heute existiert, habe sofort große und kleine Stempel herstellen lassen. Der Eintrag "Paarbeziehungen" bezieht sich auf ein Seminar an der FU, denn da hatte ich im Jahr davor wieder angefangen zu studieren: Ethnologie und Soziologie. "Petra" war eine Kommilitonin von mir. |
25.3.15 | Heute gehe ich mit dem Fahrrad auf Entdeckungsreise. Ich suche einen kleinen See in der Nähe von Ihlow. Dabei begegnen mir mindestens zwanzig Rehe, die hin- und her rennen. Dann endlich finde ich ihn. Ich war da früher mit meinen Kindern, hatte aber mittlerweile den Weg vergessen. Rohrkolben. Ich finde eine Badestelle, die es damals vor zwanzig Jahren noch nicht gab. Das Wasser ist glasklar, denn durch den See fließt ein Bach und der See soll in der Mitte, erzählt mir ein Bauer, zwei Meter tief sein. Die Hütte und den gemauerten Ofen gab es schon damals. Heute keine Autobiographie-Notizen. Stattdessen Gartenarbeiten. Am Gartenteich: eine erste Osterglocke beginnt ihre Blüten zu öffnen. Ein schattiges Plätzchen für heiße Sommertage. |
26.3.15 | Um 7 Uhr öffne ich noch im Bademantel das Hoftor, denn heute morgen soll bei mir Jauche abgefahren werden. Dann skype ich mit meiner ägyptischen Freundin. Sie hat seit ein paar Tagen Schmerzen in der Hüfte und den Beinen und sieht heute mitleiderregend aus. Ich tippe auf Ischias und rufe sofort meine frühere Frau Anna, die Feldenkraislehrerin ist, und von solchen Dingen mehr versteht als so mancher Arzt an. Die Kommunikation per Skype plus Telefon ist zunächst etwas schwierig, bis ich lerne, wie ich mein Telefon auf Lauthören stellen kann. Das ist dann total lustig. Ein paar Stunden später ist der Fahrer, der die Jauchegrube leeren soll, immer noch nicht da. Aber dafür kommt mein Rasentraktor wieder zurück. Leider hat der Fahrer, der ihn hergebracht hat, vergessen, den Schlüssel stecken zu lassen. Ich kann nichts zum Essen einkaufen, weil für das Jaucheabfahren das Hoftor offen bleiben muss. Also esse ich zum dritten Mal hintereinander Katoffelpüree (immerhin selbstgemacht - Marquard Bohm hat das in der Roten Sonne-Wohnung immer wieder gemacht), und von meinem Sohn Nicolai an meinem 75. Geburtstag gekochtes Rotkraut (das war seitdem tiefgefroren) und eine letzte Fertigfrikadelle aus dem Supermarkt. Kartoffelpüree und Rotkraut schmecken zusammen hervorragend. Nach 10 Stunden Warten kommt endlich der Fahrer zur Jauchegruben-Entleerung. Ein junger Aushilfsfahrer, der noch nie bei mir war und sich nicht bei mir auskennt. In den Haupttank passen 13.000 Liter. Er kommt mit einem 10.000 Liter Anhänger, fährt aber nicht damit in den Hof, sondern lässt den Anhänger draußen stehen, pumpt da einen Teil der Jauche rein und fährt anschließend wieder in den Hof. Danach fährt er nach Dahme, pumpt den Wagen leer und kommt dann wieder. Danach erst wird er den Anhänger wieder mitnehmen. Sehr kreativ. Das alles, damit ich jetzt nicht so lange warten muss. Das Auspumpen der Jauchegrube muss dreimal im Jahr gemacht werden. Ich frage mich, wie meine Kinder das alles machen wollen, wenn ich einmal gestorben bin. Aber das ist dann nicht mehr mein Problem. Nur aus dem Himmel könnte ich mir vielleicht dazu noch Sorgen machen. Selbstverständlich bekomme ich mit, was mit dem German Wings-Flug passiert ist und auch den Ausbruch eines neuen Kriegs im Yemen. Ich hoffe meine Blogleser vermissen dazu keinen Kommentar von mir. In meinem Leben war heute das Jaucheabfahren wichtiger. Auch meine Autobiographie-Notizen mussten heute ausfallen. Vielleicht wird morgen mein Leben auf dem Bauernhof wieder normal. |
27.3.15 |
|
28.3.15 |
|
29.3.15 | Ich bin in meiner Wohnung in Berlin. Da ich vor zweieinhalb Wochen die Gasheizung ganz abgeschaltet habe, dauert es ein paar Stunden, bis es wieder warm wird. Morgen um 7 Uhr kommt der Gasinstallateur. Zu den Autobiographie-Notizen: Ich mache weiter mit den Screenshots aus "BESCHREIBUNG EINER INSEL". Mir wird beim langsamen Anschschauen mehr und mehr klar, was für ein absolut merkwürdiger Film das geworden ist. Es ist eine dokumentarische Beschreibung des Lebens dort und gleichzeitig auch eine Art Making-of mit den Teammitgliedern, die das, was sie machen wollten, nur annähernd machen konnten. Es wäre vielleicht noch verrückter, aber auch klarer geworden, wenn auch ich in den Film integiert worden wäre. Ich habe meinen Eintritt im Film gedreht, aber Cynthia wollte um keinen Preis, dass diese Aufnahmen in den Film kommen. Die Schauspieler ziehen in ihr neues Haus. Cynthia Beatt sortiert die Muscheln, die sie inzwischen gesammelt hat. Edda Köchl hängt hinter ihrem Bett Bilder von Flugzeugen auf. Edda bekam von Rudolf Augstein jede Woche den neuen "Spiegel" per Luftpost geschickt. Alle haben Berge von Briefen geschrieben. Ich weiß das, denn ich, als Briefmarkensammler, habe sie frankiert. Jetzt gerade habe ich mit Edda eine halbe Stunde telefoniert. In "DAS ROTE ZIMMER" hat sie bei mir noch eine Antiquitätenhändlerin gespielt. |
30.3.15 | Edda gesteht Susanne, dass sie vielleicht Ureparapara verlassen wird, wenn ihre Wunden nicht bald heilen. Susanne macht sich eine Zigarette aus "stick tobacco". Im Film beschreibe ich detailliert in 13 Einstellungen, wie Laplap gemacht wird. Jonathan, der Custom Chief hat uns dafür seine Familie für die Dreharbeit zum Drehen gegeben. Seine Frau und sein Sohn Alfred machen das in ihrem Küchenhaus für den Film. Mein Kameramann, Sebastian Schröder hat dabei immer wieder gefragt, was sie als Nächstes tun. Das konnten sie nicht beschreiben, sie konnten es nur machen. Jede Familie im Dorf macht übriges Laplap auf ihre eigene Art. Es sind im Prinzip riesige im Steinofen gebackene Kartoffelpuffer, nur da es dort keine Kartoffeln gibt, sondernTaro, Yams, Süßkartoffeln und "Wild Yams". Taro und Yams werden geschält und gerieben. Wenn ich mit Kochen dran war habe ich oft Reibekuchen gemacht und mir an einem mit Nägeln durchlöcherten Metallbrett die Finger wundgerieben. Alfred kommt mit einem "leaf laplap". Das sieht zwar aus wie ein Bananenblatt, ist aber keins. Seine Mutter zündet das Feuer im Steinofen an. Eine fast heilige Handlung. Die Blätter werden über dem Feuer weich gemacht… …und dann auf dem Hausdach getrocknet. Der Laplap-Brei wird eingepackt… …und auf den Steinofen gelegt. Das Innere von Kokosnüssen wird mit Messern herausgeholt… …und von Alfred wird der Saft herausgepresst. Das Laplap ist fertig. Ich denke mal nach einer Stunde. Sie haben das im Gefühl und gucken nicht auf die Uhr, die sie ohnehin nicht haben. Jetzt wird das Laplap, wie bei einer Pizza in kleine Teile zerschnitten. Als erste kommen Nicholson und Edda. Sie ruft laut "Laplap is ready!" Dann sind alle da. Was ist das? Dokumentarfilm oder Spielfilm? |
31.3.15 | Nach meinem Ausflug in die Südsee gestern schaue ich aus dem Fenster heute morgen und sehe fassungslos, dass es draußen tatsächlich in Berlin schneit. Mit diesem Flieger kommt meine ägyptische Freundin. Jetzt ist sie da, obwohl der Flieger vor der Landung im Sturm stark hin und hergeschwankt hat. Sie hat ein Mikrofon mitgebracht, das ich sofort testen will. |
<< | >> |