Blog |
Kurzfilme |
||
64 Die Versöhnung
66 Stella
67 Galaxis
67/68 Jane erschießt John, weil er sie mit Ann betrügt |
||
80 Hast Du Lust mit mir einen Kaffee zu trinken? 84 Zwei Bilder |
||
Spielfilme | ||
Info |
Interview mit Rudolf Thome Originalton und Synchronisation Du hast DIE SONNENGÖTTIN in Englisch gedreht mit für Dich ungewöhnlich großem Aufwand. Hast Du vor, nach Hollywood zu gehen? Seitdem ich Filme mache, gehörte für mich zum Film immer
der Originalton. Ich habe nicht alle Filme mit Originalton gedreht,
aber wenn ein Film richtig gut werden sollte, gehörte das für
mich dazu, weil der Ton für mich als Aufzeichnungsmedium genauso
wichtig wie die Kamera ist. Und wenn ich mit Schauspielern filme, die
die deutsche Sprache nicht sprechen, dann war der einzige Weg, mit
ihnen zu drehen, daß sie eben ihre Sprache sprechen. DIE SONNENGÖTTIN
mußte in Englisch gedreht werden, denn die beiden Hauptdarsteller
sind Amerikaner. Wenn ich die beiden Fassungen vergleiche, meine ich, daß die deutsche Fassung mehr Tempo hat und daß die Schauspieler eine stärkere Präsenz bekommen. Welchen Eindruck hattest Du beim Sehen? Mein Ziel war es, die deutsche Fassung mindestens genausogut zu machen
wie die Originalfasssung. Ich dachte, daß das fast unmöglich
wäre, aber ich glaube, das ist mir gelungen. Beim Wiedersehen
mag ich die deutsche Fassung eigentlich lieber. Es ist komplizierter. DETEKTIVE war mit Originalton gedreht, doch der Produzent hat verlangt, daß der Film nachsynchronisiert wird, weil er diese kleinen Unvollkommenheiten des Originaltons nicht haben wollte. Er wollte Profis. Marquard Bohm hat sich nicht selbst gesprochen, das war eine Bedingung des Produzenten. In ROTE SONNE hat er sich selbst gesprochen, aber nicht in DETEKTIVE. Und Uschi Obermaier ist in beiden Filmen von derselben Sprecherin synchronisiert worden, sie selbst hat einen bayrischen Akzent. Chico Hamiltons Musik In der SONNENGÖTTIN hast Du in einer kleinen Rolle Chico Hamilton als Schauspieler eingesetzt. Ja, es war sein Herzenswunsch. Was seine Person ausmacht, das kommt rüber. Er ist ein wunderbarer, ein herzensguter Mensch, das spürt man, das spielt er ohne Probleme. Er würde zwar viel lieber einen richtigen Bösewicht spielen, aber das ist er nicht. Er hat jetzt zum zweiten Mal die Musik gemacht, nach LIEBE AUF DEN ERSTEN BLICK, wobei mir diese ziemlich unterschiedlich vorkommt, nicht so jazzbetont. Wie kam es dazu? Das war seine Entscheidung, er wollte nicht das Gleiche nochmal machen. Er wollte es schöner machen und hat sich dem Film angepaßt. Er hat ge-sehen, das ist ein anderer Film, der geht in einen anderen Bereich, und hat versucht, eine Musik dazu zu finden. Ich stelle mir vor, das war für ihn nicht einfach, weil der Film ganz unamerikanisch ist. Hat er das intuitiv gemacht oder mußtet ihr viel darüber sprechen? Das war intuitiv, wir mußten nicht da-rüber sprechen. Chico
Hamilton fühlt das. Er ist ein ungemein sensibler Mensch, der
alles spürt. Auch wenn diese Art von Film vielleicht nicht sein
persönlicher Geschmack ist, kann er wahrnehmen, was zu sehen ist.
Er sieht, was ich will. Das unterstützt er mit seiner Musik. Goethe und die große Liebe In TAROT sprichst Du das Thema der Wiedergeburt schon an, wenn Hanns Zischler und Katharina Böhm Erdbeeren pflücken und sie sagt: "Vielleicht waren wir einmal zwei Negersklaven und haben zusammen Baumwolle gepflückt am Mississippi. Wir haben in einem kleinen Häuschen gewohnt und haben alles gemeinsam getragen, die großen Leiden und die kleinen Freuden." Hat Dich das Thema schon so lange beschäftigt? Das hat damals Max Zihlmann geschrieben. TAROT ist ja eine moderne
Version der “Wahlverwandtschaften”, und Zihlmann hat es
geschrieben, weil es ihn interessiert hat, aber auch
weil es ein wichtiges Thema bei Goethe ist. Meine Tochter am Strand Wie ist die Geschichte der SONNENGÖTTIN entstanden? Die ursprüngliche Idee für die SONNENGÖTTIN kam mir,
als ich im Urlaub ein Foto meiner einjährigen Tochter gemacht
habe. Sie kniete im Sand am Meer und hatte die Hände erhoben.
Mit dem Sehen des Bildes kam mir die Idee für den Titel und ich
wollte was daraus machen. Bietest Du es in der SONNENGÖTTIN nur als mögliche Erklärung an, daß sie früher schon einmal gelebt haben und jetzt in neuer Gestalt auf der Erde sind? Ich biete es an. Die Schauspielerin sagt am Ende: “vielleicht waren wir früher einmal...” Sie sagt nicht: “wir waren”! Das ist genau wie bei DER PHILOSOPH, wo die drei Frauen sa-gen, sie wären Göttinnen. Sie sagen es. Ich sage nicht, daß sie Göttinnen sind, aber ich hintertreibe es auch nicht. Ich arbeite nicht dagegen und mache es nicht lächerlich, sondern lasse sie das sagen und nehme es ernst, aber es ist nur eine von mehreren Möglichkeiten, und das ist auch meine Haltung dazu. Ich kann nicht von mir sagen: ich glaube an die Wiedergeburt. Aber ich kann auch nicht sagen: ich glaube nicht daran. Ich kann nur sagen: ich weiß nichts darüber, und darüber kann niemand etwas wissen. Der Feuertanz Könnte man die Szene mit dem Feuertanz so interpretieren, daß Martha sich an etwas Früheres erinnert und den Tanz wiederaufnimmt, den sie aus früherer Zeit kennt? Das ist ja, was mich so begeistert. Ein italienischer Kritiker hat
aus Taormina geschrieben: sie tanzt ein Ritual, das
sie nicht kennt. Sie spricht eine Sprache, die sie
nicht kennt, und sie verwandelt sich in die Sonnengöttin. Sowas
wollte ich, was genau das bedeutet, wie das genau zu verstehen ist,
daß sie was
tut, was sie nicht wissen kann, das sage ich nicht,
das weiß ich
auch nicht, aber gewollt habe ich es. Ich war überglücklich,
als die Schauspielerin das so machte. Es ist was
geschehen mit ihr, das außerhalb ihrer
Kontrolle war. Sie wußte schon, daß ich in eine solche
Richtung wollte, aber was genau ich wollte, das wußte sie nicht,
denn sie hatte ja Angst vor dieser Szene. Und als
die Kamera lief, fängt sie an, sich da reinzufinden. Man sieht
wirklich, wie sie da reinrutscht. Es kommt eine Kraft
rein in sie, eine Spannung in ihren Körper, und plötzlich
wird es das, was es hoffentlich ist. Die Natur hat mitgespielt? Das ist das Thema. Es gibt in BERLIN CHAMISSOPLATZ eine Szene, wo Sabine Bach erfahren hat, daß sie schwanger ist. Sie will sich auf eine Bank setzen und in dem Moment, wo sie zur Bank geht, kommt plötzlich ein unglaublicher Windstoß. Ich habe das geliebt. Das Zittern der Blätter im Wind Du interpretierst das philosophisch, man kann das auch filmtheoretisch sehen. Daß der Film ein Medium ist, das solche Augenblicke - oder das “Zittern der Blätter im Wind” - einfach festhält und sichtbar macht. Du siehst es ja eher als Zeichen der Einheit des Menschen mit der Natur? Es ist Ausdruck für mich von Dingen, über die wir nichts
wissen können, die aber existieren und die mir spürbar werden,
wenn sich sowas ereignet in einem solchen Moment. Es gibt noch eine
Szene in MADE IN GERMANY UND USA. Am Ende des Films versöhnt sich
das Paar und sie gehen in die Sümpfe von New Orleans und beginnen
miteinander zu schlafen, und in dem Moment bricht plötzlich ein
ungeheurer Lärm in der Natur aus, ein riesiger Vogelschwarm fängt
plötzlich wie aus dem Nichts an zu schreien und sie fliegen davon.
Das ist eine mystische Gegend da und wir wurden gewarnt, da nicht zu
drehen, wir haben es doch gemacht. Die Feuertanzsszene hätte ja sehr leicht abrutschen und lächerlich wirken können? Das muß man sich mal vorstellen. Eine nackte Frau am Meer singt ein Lied. So steht es im Drehbuch. Ich meine, das muß man überhaupt mal sehen, was die da machen. Der Mann fotografiert eine nackte Frau, die kniet und die Arme hochhält. Das ist doch überspannt und voyeuristisch. Ich denke, daß der Film so ist, daß das eigentlich niemand mehr sagen kann. Ich mußte bei dieser Szene an den Maler E. L. Kirchner denken bzw. an eine Bemerkung von ihm. Nach einem Sommeraufenthalt am Meer schrieb er an einen Freund, daß er glaube, wäh-rend dieses Aufenthalts die Einheit von Mensch und Natur in seinen Bildern getroffen zu haben. Das ist es. Genau das ist es. Eine Art Trance Die Bilder, die die Hauptdarstellerin malt, sind ja sicher nicht zufällig so gemalt? Natürlich nicht. Die Bilder, die sie malt, das steht in Bezug zu dem, was sie tanzt, wenn sie um das Feuer tanzt, und zu dem Lied, das sie singt. Dieses Fremde ist in dem, was sie malt, auch gegenwärtig. Wenn sie malt, hat sie Zugang zu Schichten in ihrer Person, deren sie sich überhaupt nicht bewußt ist. Wenn sie malt, gelingt es ihr, einen Zustand herzustellen, in dem sie Dinge ausdrücken kann, von denen sie bewußt gar nichts weiß. Kann man das auch aufs Filmemachen ausdehnen? Ich kann das für mich sagen. Ich weiß auch nicht, warum
ich etwas geschrieben und gemacht habe. Ich habe mir das nicht ausgedacht,
um etwas ganz Bestimmtes auszudrücken. Ich habe nicht nachgedacht. Ich denke, daß beim Drehen im letzten Detail doch viel offen bleibt gegenüber dem Buch oder dem Regiekonzept. Beispielsweise eine Szene wie die Tanzszene, da weißt du am Morgen nicht, was dabei herauskommt? Nein, das kann ich nicht wissen. Wie soll ich wissen, wie die Schauspielerin das machen wird? Ich weiß nicht einmal, daß sie es überhaupt fertigbringen wird, daß sie überhaupt ihre Angst davor überwinden wird. Ich weiß ja nicht mal, ob ich überhaupt drehen kann. Wie hat die Schauspielerin die Tanzszene überstanden, und wie hast du sie überstanden? Das war sehr schwer für sie. Als wir fertigwaren und alle wegwaren, war die Hauptdarstellerin verschwunden. Ich suchte sie und sie saß ganz weit am Ende dieser langen Bucht und war alleine. Sie hat diese Erfahrung gemacht von etwas anderem, etwas, das jenseits der eigenen Person liegt. Ich meine, sie hat das wirklich gespürt. Sie war wirklich für einen Moment die Sonnengöttin. Der Film ist dokumentarisch in diesem Falle. Ich dokumentiere einfach, was ihr passiert. Das ist alles. Das Doppelgängermotiv Der Hauptdarsteller ist ein Filmkritiker, der über Murnau arbeitet. Hat das eine besondere Bewandtnis, warum gerade Murnau? Ich schreibe und drehe ja nicht nur aus dem Bauch heraus, sondern ich überlege mir natürlich schon etwas dabei, sowohl beim Schreiben wie beim Drehen. Quasi parallel zum instinktiven Arbeiten geht ja auch immer das Überlegen und Konstruieren von Zusammenhängen. Das läuft gleichzeitig. Das Doppelgängermotiv ist eine bekannte Größe im deutschen Expressionismus und auch im expressionistischen Film – auch bei Murnau. DIE SONNENGÖTTIN ist ja eine Doppelgängergeschichte. Da geht jemand auf den Friedhof und findet eine Statue... Das Phänomen der Reinkarnation, wenn es einem so begegnet, ist eben auch eine Abwandlung des Doppelgängermotivs. Diese Parallelität herzustellen, war durch Murnau eher möglich. Und das Zweite: TABU war früher mein absoluter Lieblingsfilm. In TABU gibt es diesen Tanz von Reri, und ich war immer schon davon betroffen, seit ich den Film vor dreißig Jahren gesehen habe. Der Tanz von Reri hat etwas mit dem Tanz von Martha zu tun. Da gibt es Parallelen. Und der Traum, den Martha erzählt, der hat etwas mit der ganzen Geschichte von TABU zu tun. Reri soll zwar nicht den Göttern geopfert werden, aber sie ist als heilige Jungfrau auserwählt und das ist das Gleiche wie den Göttern geopfert zu werden. Die Parallelen haben mich gereizt, und eine Szene aus Murnaus TABU zu zeigen und gerade diese Szene, die ich besonders liebe. Und dann kommt hinzu, daß von allen deutschen Regisseuren, den lebenden wie den toten, Murnau mir der nächste ist. Ein “road movie” durch Raum und Zeit Es gibt drei Handlungsorte. New York, Berlin, Griechenland. Hast du damit etwas Besonderes verbunden? Man kann es ja so deuten als Rückkehr in der Zeit. New York gleich moderne Stadt, Berlin als altes Europa und dann zurück in die Antike? Ich habe den Film einmal als ein "Road movie durch Raum und Zeit” beschrieben.
Er muß in New York anfangen, dann nach Berlin kommen, das ist
kein Zufall. Und dann gibt es die ganzen Baudenkmäler. In Berlin
das Brandenburger Tor, in Athen die Akropolis. Und zum Schluß die
untergegangene Stadt. Das war mir schon wichtig und es war nicht die
Meinung aller Mitarbeiter, das so zu tun. Das ist durchaus auch ein
bißchen ironisch. Manche Leute haben die Ironie in diesem Film
total vermißt, aber das kann gar nicht sein, denn ich bin immer
ironisch. Ich bin jetzt 54 Jahre alt, und ich habe ziemlich viel von dem, was
ich machen wollte, machen können, und ich habe keine Angst vor
irgendetwas. Es ist mir wirklich egal, ob die Leute
denken, ich sei verrückt. Ich kann mir jetzt erlauben, über
die Dinge zu schreiben und Filme zu drehen, die mich schon immer interessiert
haben. Und dazu gehören eben Dinge, die man in diesen mystischen
Bereich tut. Das interessiert mich einfach. Ich glaube, das ist
ein ganz natürliches Interesse. Je älter man wird, desto
mehr steht man mit einem Bein im Grab. Das ist so.
Die biologische
|