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"Rot und Blau"

20. Drehtag		Ein entspannter Drehtag: nur 8 Stunden. Mit Bastian Trost (FRANK) zu arbeiten ist eine Freude. Und dann nach der Mittagspause mit Hanns Zischler. Sein immer whiskytrinkender Detektiv ist einfach schön. Sein Büro ist das Büro von Heribert Sasse - der Indendant des Schloßpark-Theaters. Kaum sind wir mit der letzten Einstellung fertig, fängt es an zu donnern und der Himmel ist rabenschwarz. Die letzte Außenszene am Ostbahnhof hätten wir gar nicht mehr drehen können. Selbst wenn Michael und ich es gewollt hätten. Aber wir haben es nicht gewollt. Im Moment habe ich das Gefühl, der Film schreit nach einer Fortsetzung. Mit den gleichen Schauspielern!!! Irgendwie will ich es wissen. (Viele meiner Filme sind Utopien). Und das könnte die kühnste werden.
21. Drehtag		Heute war alles ein bißchen schwierig. Die Atmosphäre im Sony-Center wirkt auf uns alle lähmend. Wir arbeiten wie in flüssiger Luft. Aber es ist nur der Lärm, der von überall herkommt. Wie kann man freiwillig hier drehen. Nach dem Drehen sehen wir die Muster. Ich bin begeistert von den Auto-Szenen mit Hannelore Elsner (sie ist unglaublich schön, nachdem sie ihre Tochter gesehen hat). Ich rufe sie danach an. Sie sagt, sie hat sich in den letzten drei Tagen ohne uns gefühlt wie eine tote Fliege. Ich liebe sie. Ich freue mich aufrichtig auf das Drehen mit ihr morgen. Es ist ihr letzter Drehtag bei uns. Danach trinken wir einen Schluck Rotwein zusammen. Was für ein Film wird das werden! Ich werde ihn so schneiden wie ich es möchte - ohne jede Rücksicht auf die Länge (und wenn er drei Stunden lang wird!). Als wäre es mein letzter Film. Mit dieser Frau als Hauptdarstellerin kann ich mir alles leisten! Sie trägt die Zuschauer auch durch die Tiefen, die jeder Film hat. Ich sag's nochmal, sie ist eine Göttin.
22. Drehtag		Hannelore Elsners letzter Drehtag! Eine großartige Szene, wenn sie zum erstenmal mit ihrer Tochter am Telefon spricht. Die ersten Mitglieder des Dreamteams machen schlapp. Ich übrigens (beinahe) auch. Ich fühle mich fast den ganzen Tag krank und bin zum erstenmal ziemlich ungeduldig. Sorry Michael.
23. Drehtag		Ilke flüchtet zu Frank. Serpil Turhan und Bastian Trost spielen mit der linken Hand wunderschöne, verkappte Liebesszenen (die auf das Kinopublikum hoffentlich ungeheuer komisch wirken). Leider habe ich den ganzen Tag starke Kopfschmerzen. Aber das Team ist wieder voll dabei. Gottseidank! — Nur noch zwei Drehtage!
24. Drehtag		Ich spüre den "zweiten Atem", den es beim Marathonlauf ab Kilometer 32 manchmal gibt. Bin deshalb für mein Team nicht immer lustig! (Tut mir leid.) Serpil, die während der zwei freien Tage wie ich gesundheitliche Probleme hatte, ist wunderbar. Ich könnte ihr bei allem, was sie tut, stundenlang zuschauen. Als ihre Pensionswirtin ihr das Zimmer zeigt, vergesse ich "cut" zu sagen und sie spielt weiter, als sei das das Selbstverständlichste auf der Welt. Zum Schluß ein "Arbeitsfoto" von Michael und mir, von dem ich nichts gewußt habe. Noch EIN Drehtag. Es wäre schön, wenn es nicht regnen würde und noch schöner, wenn die Sonne scheinen würde!!!
25. Drehtag		Der letzte Drehtag: eine Reise im ICE nach Hamburg und wieder zurück nach Berlin. Wir fahren mit dem gleichen Zug zurück, den wir vor 2 Wochen von außen gefilmt haben. Der Kreis ist geschlossen. "Rot und Blau" ist abgedreht. Die Szenen mit Serpil, Karl, Bastian und Anna Klasse drehen sich fast wie von selbst. Das wird ein schöner Filmanfang! Karl Kranzkowski ist in Hochform. Heute abend feiern wir im "La Cantina" in der Kreuzbergstraße den Drehschluß (da wo mein Vater vor über 100 Jahren geboren wurde und da wo ich seit "Der Philosoph" immer den Drehschluß feiere). Ich denke, wir haben allen Grund zu feiern. Ich vermute, es wird ein heiterer und gleichzeitig tieftrauriger, melancholischer Film, bei dem wahrscheinlich ab und zu auch Tränen fließen werden. Wenn es so wäre - Tränen und Lachen - würde mich das zutiefst glücklich machen. Denn genau das ist das Leben. Vielleicht mache ich ein Postproduction-Tagebuch. Aber das weiß ich noch nicht. Bei "Paradiso" hab ich's gemacht. Ich bitte alle, die das lesen um Geduld.